Meditation ist mehr als nur stilles Sitzen und Nachdenken. Verschiedene Techniken haben unterschiedliche Wirkungen und Herausforderungen. Richtig angewendet, dient Meditation als mentales Training zur Bewusstseinserweiterung und Selbstregulation. Schon einfache Praktiken wie die Konzentration auf den Atem können den Geist stärken und neurophysiologisch verändern. Durch regelmäßige Wiederholung und bewusste Absicht wird Meditation zu einer Gewohnheit, die mentale Stabilität und Klarheit fördert. Besonders für Sportler bietet Meditation wertvolle Vorteile wie verbesserte Konzentration und emotionale Selbstregulation sowie Körper- und Selbstwahrnehmung um Leistungen auf höchstem Niveau zu erzielen.

Missverständnisse über Meditation

Inzwischen gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Techniken, die für sich beanspruchen, Meditation zu sein. Eine Studie listet allein über 20 verschiedene Meditationsmethoden auf und kommt zu dem Schluss, dass es „die Meditation“ nicht gibt, sondern vielmehr verschiedene Gruppen von Techniken, die unterschiedliche Wirkungen haben können. Etymologisch stammt das Wort Meditation vom lateinischen „meditatio“ („nachdenken, nachsinnen, überlegen“) und vom altgriechischen „medomai“ („denken, sinnen“). Diese Begriffe spiegeln auch die Ergebnisse einer Google-Bildersuche nach „Meditation“ wider: Menschen, die mit geschlossenen Augen in stillem Denken versunken sind. Doch das ist ein irreführendes Bild. Äußerlich betrachtet sehen wir nachsinnende Menschen, aber im Inneren ist es genau dieses „Denken und Überlegen“, welches wir verändern möchten. Es ist definitiv nicht das Ziel der Praxis. Die meisten Menschen glauben, sie meditieren, denken dabei jedoch nur mit geschlossenen Augen. Das Problem sind nicht die Gedanken selbst, sondern das Denken, ohne zu wissen, dass man denkt.

Zudem sind gängige Meditationsanleitungen oft zu vereinfacht. Anweisungen wie „Erkunde die Empfindungen deines Körpers und Geistes und lasse sie los“ verdeutlichen die Schwierigkeiten in der Umsetzung. Solche Anleitungen sind vergleichbar mit Surf-Anweisungen: 1) Nimm ein Brett so groß wie du, 2) Paddle bis zu den brechenden Wellen, 3) Lege dich flach auf das Brett, 4) Spring auf, wenn die Welle das Brett erfasst, 5) Stehe entspannt, 6) Wiederhole. Es ist klar, dass der Fortschritt mit solchen Anleitungen begrenzt ist und nur wenige dabeibleiben.

Meditation als Wissenschaft: Pure Mental Performance

Der Begriff „Meditation“ beschreibt nicht, was sich im Kern dahinter verbirgt. Meditation ist eine Wissenschaft, ein systematischer Prozess, um den Geist zu trainieren. Es ist der mentale Muskel, den man im geistigen Fitnessstudio trainiert. Es geht darum, wie man sein Bewusstsein erforschen und verändern kann. Ziel ist es, mentale Fähigkeiten zu erweitern, sich von alten Denkmustern und Verhaltensweisen zu lösen und neue, passendere Muster zu integrieren. Um bewusst und kreativ zu leben und das Beste aus unserem Geist herauszuholen, müssen wir das Rohmaterial, mit dem wir arbeiten, verstehen und wissen, wie wir es formen können. Dazu benötigen wir auch keine spirituelle Hülle, sondern den absoluten Fokus auf den Kern des mentalen Trainings.

Meditation im Kontext des Leistungssports dient als Werkzeug zur Selbsterforschung, Selbstregulation und Selbsterkenntnis. Die Bewusstseinserweiterung durch Meditation umfasst die erweiterte Wahrnehmung körperlicher und geistiger Prozesse sowie die Fähigkeit, diese Prozesse zu verändern. Meditation bedeutet für mich, den Geist mitten im Leben zu trainieren, nicht nur als formale Praxis, die vom Rest unseres Lebens getrennt ist. Wenn die während der formalen Praxis erlernten Fähigkeiten und Erkenntnisse nicht in unser tägliches Leben einfließen, wird der Fortschritt langsam sein. So ist Meditation das Erleben und Entwickeln eines intuitiven Verständnisses unseres Geistes und liegt an der Schnittstelle zwischen Bewusstsein und Unterbewusstsein.

Meditation ist eine Form des mentalen Trainings, die darauf abzielt, die grundlegenden psychologischen Fähigkeiten einer Person zu verbessern, wie Aufmerksamkeits- und emotionale Selbstregulation sowie Körperbewusstsein und Selbstwahrnehmung. Diese Fähigkeiten sind besonders relevant für Sportler. Daher passen Techniken aus dem Bereich der Meditation besonders gut zu den Herausforderungen, denen Athleten im Trainingsalltag und in Wettkampfsituationen gegenüberstehen.

Die einfachste Form der Meditation: Atembewusstsein

Die einfachste Form der Meditation besteht darin, sich auf den Atem zu konzentrieren. Anfangs wirkt diese Aufgabe lächerlich einfach – doch schon nach wenigen Sekunden verspürt man den starken Wunsch, etwas anderes zu tun. Nach einigen Atemzügen verliert man die Aufmerksamkeit, wird gelangweilt und schweift mit den Gedanken ab. Als Nächstes übt man, sich nicht von Gedanken ablenken zu lassen. Dies erfordert Bewusstheit. Dies ist ein wichtiger Faktor, um einen mentalen Trainingseffekt zu erzeugen, indem die sogenannte Reaktionshemmung (engl. response inhibition) immer wieder ausgelöst wird: wir springen nicht direkt von einem Reiz zu einer Reaktion, sondern erarbeiten einen Raum dazwischen.

Durch die bewusste Konzentration auf die Atmung hast du formell etwas getan, was dir möglicherweise gar nicht bewusst war: Du hast meditiert. Vielleicht nur für eine kurze Zeit, aber dennoch hast du meditiert und damit deinen Geist trainiert, möglicherweise sogar neurophysiologisch verändert.

Meditation im Sport: Der Weg zur mentalen Stärke

In der Meditation formen und halten wir eine bestimmte bewusste Absicht, wie zum Beispiel die Konzentration auf die Empfindungen des Atems oder ein anderes Meditationsobjekt. Wann immer unser Geist abzuschweifen beginnt – und er wird zu mental attraktiveren Orten wandern – lernen wir, dies zu erkennen und den Geist immer wieder wertfrei zurückzubringen. Indem wir den Geist kontinuierlich und wiederholt mit dem Meditationsobjekt (z. B. dem Atem) in Verbindung bringen, schaffen wir Stabilität und mentale Stärke.

Wie im Sport helfen auch hier Frequenz und Wiederholung, die Grundlage zu schaffen. Sobald wir die Fähigkeit entwickelt haben, uns des Atems bewusst zu werden und darauf zu achten, wird unsere Fähigkeit, sich auf andere Objekte oder Aufgaben zu konzentrieren, gestärkt. Du verbesserst deine Reaktionshemmung, indem du deine automatisch ablaufenden Reaktionen immer wieder systematisch unterdrückst. Dies ist der Moment, in dem ein Prozess, der dein bewusstes Arbeitsgedächtnis erfordert, auf die unterbewusste Ebene übertragen wird und zu einer dauerhafteren Eigenschaft wird.

Tatsächlich stammen alle unsere Erfolge aus Absichten, auch wenn das nicht immer offensichtlich ist. Absichten, die über viele Meditationssitzungen hinweg wiederholt aufrechterhalten werden, führen zu häufig wiederholten mentalen Handlungen, die schließlich zu Gewohnheiten des Geistes werden. Absichten führen zu mentalen Handlungen, und wiederholte mentale Handlungen werden zu mentalen Gewohnheiten.

Ziele der Meditation: Von Entspannung zu Transzendenz

Die Erfahrungen mit zunehmender Meditationspraxis entfalten sich schrittweise. Am Anfang gilt es, Hindernisse wie Unruhe, Langeweile, Ablenkung, Motivations- oder Konzentrationsprobleme wahrzunehmen und zu überwinden. Schon nach wenigen Übungen stellt sich eine zunehmende Entspannung ein, die sich durch gesteigertes Wohlbefinden, gleichmäßigere Atmung, wachsende Geduld und mentale Stille auszeichnet. Diese Effekte sind zunächst auf das Zeitfenster der Übungen fokussiert und verblassen mit zunehmendem zeitlichem Abstand. Das ändert sich mit weiterer Praxis, wenn verbesserte Aufmerksamkeit, Bewusstheit, Achtsamkeit sowie ausgeglichene Emotionen und eine innere Mitte auch außerhalb der Meditationsübungen feststellbar werden. Mit der Zeit treten essentielle Qualitäten wie Klarheit, Verbundenheit, Akzeptanz, Dankbarkeit und Demut hervor, welche Ziele verschiedener Meditationstechniken sind. Zu guter Letzt entwickeln sich mehr spirituelle Qualitäten wie Gedankenstille, Einssein, Leerheit, Grenzenlosigkeit oder eine Transzendenz von Subjekt und Objekt.

Unsere Ziele im Rahmen dieses Programms sind Qualitäten, die sich auf den oberen Ebenen abspielen. Diese benötigen wir, um unser Training besser zu gestalten, gezielter zu regenerieren, im Wettkampf optimale Leistungen abzurufen und langfristig Freude am Sport zu bewahren. Du wirst dich mit zunehmender Praxis entlang dieser Tiefensituation bewegen. Die Grenzen sind dabei jedoch fließend und schon während grundlegender Übungen wirst du Erfahrungen aus quasi allen Bereichen machen. Diese sind noch nicht permanent, dienen aber als Vorgeschmack des Möglichen. Uns genügt es, punktuelle Erfahrungen zu machen und unsere mentalen Fähigkeiten als Athlet und Athletin zu bereichern.

Am Anfang der Meditationspraxis ist der Unterschied zwischen gewöhnlichen Erfahrungen und dem, was man als Achtsamkeit betrachtet, nicht sehr klar. Es erfordert Übung, um den Unterschied zwischen dem Verlorensein in Gedanken und dem Erkennen von Gedanken zu lernen. In diesem Sinne ist das Erlernen der Meditation wie das Erlernen jeder anderen Fähigkeit: Es erfordert viele Wiederholungen.

Meditation als ultimative mentale Herausforderung

Ich bin ehrlich zu dir: Bis du ein gewisses Maß an Stabilität erreicht hast, wird die Praxis hauptsächlich aus Gedankenschweifen, körperlichem Unbehagen, Schläfrigkeit und Frustration bestehen. Dies sollte dich nicht entmutigen, denn du kennst das aus dem körperlichen Training. Professioneller Sport und Meditation teilen ein gemeinsames Element: Es geht um ehrgeizige Absichten und die Meisterung der Ausführung. Deshalb passen Meditationspraktiken perfekt zum Sport. Die Anweisungen sind einfach, aber die Umsetzung ist hart.

Meditation bedeutet, Gedanken als Gedanken zu erkennen. Eine häufige Beobachtung beim Beginn der Meditation ist, dass es sogar noch schwieriger wird, aufmerksam zu bleiben, ohne sich in Gedanken zu verlieren, da du feststellst, wie abgelenkt du bist. Das ist völlig normal und sollte dich motivieren, da du siehst, dass du auf dem Weg zu einer transformativen Veränderung bist. Meditation lehrt grundlegende Prinzipien, wie die Mechanismen der Wahrnehmung funktionieren. Glaube an den Fortschritt: Es geht mehr um den Prozess der Wahrnehmung als um das Ereignis der Wahrnehmung. Achtsamkeit ist wie ein Muskel. Sie wird stärker und flexibler, je mehr du sie nutzt.

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